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Literatur des Monats – Siegerin April 2022 – Doris Runge

Der erste Sieger bei „Literatur des Monats – Ran ans Buch“ ist das Buch „man könnte sich ins blau verlieben“ von Doris Runge, erschienen im Wallstein Verlag. Der schmale Band beeindruckte unsere Jury durch die Konsequenz der Gestaltung, die die konsequente Durcharbeitung der Verse von Doris Runge kongenial wiederspiegelt.

Das Cover, auf dem sich ein sinnloses Gekrakel auf Wolkenhimmel abzeichnet, enthüllt erst auf den zweiten Blick, was es ist: Fliegende Vögel, in Reihen fotografiert, deren Spuren ins Blau geworfen werden. Stacheldraht – eine weitere, unangenehmere Assoziation unserer Jury. Aber dahinter ist der Himmel, ist das Blau: So wird der Buchinhalt sinnvoll aufgenommen und den Leser:innen optisch erschlossen. Das schlanke Bändchen besticht durch seine solide, edle Machart. Der Satzspiegel korrespondiert denkbar gut mit ihren Versen. Deren Knappheit lässt viel Raum für Interpretation – dem entspricht der Satz, der jedem Gedicht eine Seite reserviert. So bleibt viel Platz – ein Gefühl der Freiheit wird visualisiert. Die Seitenzahl auf jeder Seite unten links zu setzen, negiert jeden „Lesedruck“, der sonst vielleicht zum Überfliegen knapper Verse verführen mag. Denn jedes der Gedichte von Doris Runge will sorgfältig gelesen werden, mehrmals, und man denkt darüber nach, liest die Zeilen unterschiedlich – das Stilmittel des „Apokoinu“ macht vieles mehrdeutig, je nachdem, wie man es liest. Dass Doris Runge auf Satzzeichen ganz verzichtet, ermöglicht dies: Raum! Freiheit! Luft! Blau!

 

Juryleiter: Dr. Klaus Berndl

Literarischer Inhalt
9.8
Cover
6.5
Haptik
9.5
Satzspiegel
10
Klappentext
9.5