LdM Favoritenliste April 2023

 

Literatur des Monats – Ran ans Buch

„Literatur des Monats – ran ans Buch!“ Ist das nur eine weitere Bestsellerliste? Keineswegs. Der kommerzielle Erfolg ist für ein Buch zwar wichtig, jedoch ist er nur ein Faktor bei der Betrachtung und Beurteilung von Literatur. Von Büchern. Wir haben einen „ganzheitlicheren“ Ansatz und hieven also durchaus Bücher auf unsere Favoritenliste, die anderswo weniger Chancen haben. Zu unrecht.

Unsere Jury, zusammengesetzt aus den unbefangenen Gernleser:innen aus unserer Hörer:innenschaft und aus unseren versierten Literatur-Expert:innen, haben entschieden: Hier ist unsere Favoritenliste für den Monat April 2023.

Ausgewählt nach Optik, Haptik, Klappentext, Satzspiegel, Illustrationen und Inhalt. In alphabetischer Ordnung. Wir präsentieren:

Nadine de Genot - Der verlorene Gladiolenstrauß
Nadine de Genot

Der verlorene Gladiolenstrauß

Autorin: Nadine de Genot – Verlag: Selbstverlag

Nadja ist eine selbstbewusste und lebenslustige Ehefrau und Mutter, die erfolgreich im Leben steht. Doch das tägliche Einerlei mit ihrem Ehemann ist zur erstarrten Gewohnheit geworden.

Ihr fehlen die Überraschungen und Impulse im Alltag. Und dann: Die niederschmetternde Diagnose einer chronischen Autoimmunerkrankung, für die keine Heilung bekannt ist. Diese Nachricht wirft sie völlig aus ihrer Lebensbahn. Die neue und herausfordernde Situation wird zu einer unvermeidbaren Reise zu sich selbst.

Dabei lernt sie nicht nur Roland kennen, mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Sie entdeckt auch, dass sie durch viel Leid gehen muss, um den tieferen Sinn ihrer Lebensaufgabe zu erkennen. Die Richtung wird zunächst immer unklarer. Sie steuert im Blindflug ins Nirgendwo, als ob sie am Bahnhof stünde und darauf warten würde, dass ein Schiff anlegt.

Mutig stellt Nadja sich ihren Ängsten.

Dabei kommt sie an den entscheidenden Wendepunkt ihres Lebens, wo sie – zum Scheitern bereit – entschlossen ihren Weg geht, der aus ihrem Herzen kommt.

Sven Heuchert - Das Gewicht des Ganzen
Sven Heuchert
(c) Sven Heuchert

Das Gewicht des Ganzen

Autor: Sven Heuchert – Verlag: Ullstein

“Du bekommst ein Gefühl für das Land, du gewöhnst dich langsam daran, an die Stille und an die Weite, im Grunde ist es keine Weite, sondern Leere, das Land ist leer, und deswegen bin ich hier.”

Eine Frau, die in der Ferne ihrem Sohn nah sein will, ein Mann, der die Distanz zu der von ihm geliebten Frau nie überwinden konnte: Milla und Russ begegnen sich, als sie sich am dringendsten brauchen. Das Gewicht des Ganzen ist ein kraftvoller Roman über Trauer und Neuanfang und darüber, was zwei Fremde in Zeiten der inneren Not einander sein können.

Lena Hohanna Hödl - Ungeheuer

Ungeheuer

Autorin: Lena Johanna Hödl – Verlag: Haymon

Das ist nicht normal, das hier. Oder doch?

Ein Kind, das versucht, die gekappte Mutter-Beziehung zu reparieren, indem es den Knopf, der einst die Verbindung darstellte, malträtiert: den Nabel. Ein Mann beteuert beim ersten Date, sie nicht vergewaltigen zu wollen – und tut es unter dem Schauer der Perseiden dann doch. Hitler und Churchill liegen sich reumütig und weinend in den Armen. Lena Johanna Hödl gießt das Ungeheure, das Bedrohliche, aber auch das Alltägliche, die Gefühle im Menschen in literarische Texte und erzeugt ein berauschendes Kondensat.

“Alles, was Lena Johanna Hödl schreibt, bringt mich zum Lachen und macht mir Angst.”

Elias Hirschl

“Lena Johanna Hödl geht mit ihren Texten überall dort hin, wo, vor lauter Tabu, schon Staub liegt.”

Mieze Medusa

Birgit Letze-Funke - Tagebuch einer system-irre-levanten Berlinerin
Birgit Letze-Funke

Tagebuch einer system-irre-levanten Berlinerin

Autorin: Birgit Letze-Funke – Verlag: Spica

 

Die Corona-Pandemie hat diverse Absonderlichkeiten über uns jebracht und mich anjeregt, meine unsortierten Jedanken uffzuschreiben.

Weil nicht mal mehr meine Enkel richtig berlinern, halte ick hier die Erjebnisse meiner Jehirntätigkeit quasi in Lautschrift fest. Schließlich kann ick nich zulassen, dass unser wunderbarer Metrolekt janz inner Versenkung verschwindet.

In einem Wahnsinns-Anfall zwischen Tatendrang und Depression erblickte CORINNA mitten im ersten Lockdown uff @vortragskunst das Licht der Welt von Instagram. Seither spuckt dit Baby Ein-Minuten-Jeistes-Blitze in den Äther, die hier in aller Ruhe nachzulesen sind.

Mit den Illustrationen von Antje Püpke jibts ooch wieder allerhand zu kieken, wat mich janz besonders freut!

Theresa Pleitner - Über den Fluss
Theresa Pleitner
(c) Andreas Labes

Über den Fluss

Autorin: Theresa Pleitner – Verlag: S. Fischer

Eine junge Psychologin arbeitet in einer Unterkunft für Geflüchtete – und gerät in eine moralisch scheinbar ausweglose Situation.

“In Herrn Rahim hatte mein Vorsatz Gestalt angenommen, mich gegen die Zwangsläufigkeit der Gewalt zu wehren.”

“Es war eine vertrackte Rolle, ich bin letzten Endes nicht davongekommen.”

Kerstin Preiwuß - Heute ist mitten in der Nacht
Kerstin Preiwuß
(c) Jorinde Gersina

Heute ist mitten in der Nacht

Autorin: Kerstin Preiwuß – Verlag: Berlin Verlag

„Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, über etwas, das mich betrifft, so sprechen zu können, als ginge es alle etwas an. Weil ich schon lange in der Welt lebe, in die jetzt alle geraten sind.“

Kerstin Preiwuß, vielfach ausgezeichnete Autorin von Romanen, Gedichten und Essays, legt mit “Heute ist mitten in der Nacht” einen Text vor, der Angst und Schreiben auf eindrucksvolle Weise zusammenfürht und ein Zeitempfinden in den Blick nimmt, das unsere Gegenwart bestimmt.

Eugen Ruge - Pompeji
Eugen Ruge
(c) Martin Powilleit

Pompeji

Autorin: Eugen Ruge – Verlag: dtv

 

“Vergiss alles, was du jemals über Pompeji gehört hast. Vergiss es und lies.”

War der Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. ein unvorhergesehenes Ereignis, oder gab es Hinweise und Vorzeichen? In Eugen Ruges “Pompeji” redet man über den Vulkan, streitet, hofft, opfert dem Feuergott, sorgt sich um Wirtschaft und Besitz – bis es zu spät ist.

Eine fulminant erzählte Zeitreise in eine ferne Vergangenheit, in der wir uns spiegeln und erkennen – vom Autor der Bestseller “In Zeiten des abnehmenden Lichts” und “Metropol”.

“Eugen Ruge ist ein Erzähler von einer Virtuosität, von einer sprachlichen Finesse, von einer erzähltechnischen Genauigkeit, wie man sie nicht alle Tage antrifft.”
3Sat Kulturzeit

Doris Runge - die schönsten versprechen
Doris Runge
(c) Reiner B. Binkowski

die schönsten versprechen. Gedichte

 

Autorin: Doris Runge – Verlag: Wallstein

 

barbarisch schön

rollt die
wintersonne
über die klinge
ins meer
eine letzte zeile
eine leerzeile
bleibt
rot markiert
bevor auch
sie verschwindet

“Die Welt von Doris Runges Gedichten ist immer auf der Kippe, immer ungewiss und geheimnisvoll. Aber sie enthält auch das Versprechen eines geheimen Zusammenhangs, für den Liebe kein unpassendes Wort ist.”

Heinrich Detering

Sven Stricker - Sörensen sieht Land
Sven Stricker
(c) Magdalena Höfner

Sörensen sieht Land

Autor: Sven Stricker – Verlag:Rowohlt

 

Licht am Ende des Koogs?

In Katenbüll gibt es nicht viel zu feiern. Umso schlimmer, als ausgerechnet das Jubiläumsfest des Einkaufszentrums ein jähes, gewaltsames Ende nimmt: Ein Auto rast in die Menschenmenge. Es gehört einem alten Bekannten von Sörensen – dem Ex-Praktikanten und Kriminalkommissaranwärter Malte Schuster. Sörensen hat Zweifel an der vermeintlich klaren Lage des Falls – und viele Fragen. Wieder einmal begibt er sich in düstere Gefilde …

“Eine Reihe, die man gelesen haben muss. Für mich ist Sörensen längst Kult!”
Romy Fölck

Benjamin von Stuckrad-Barre - Noch wach?
Benjamin von Stuckrad-Barre
(c) Max Sonnenschein

Noch wach?

Autor: Benjamin von Stuckrad-Barre – Verlag: Kiepenheuer & Witsch

Eben, fuhr ich möglicherweise etwas unangenehm triumphierend fort, das will man nicht, und das sollte man nicht müssen, den eigenen Chef nackt sehen, unter absolut gar keinen Umständen, und das als Chef zu verhindern, das ist doch auch wirklich nicht so schwer: Hose anlassen, ganz einfach, Hose bleibt an, in egal welcher Situation und Stimmung, wenn Mitarbeiter auch nur in der Nähe sind.

“Benjamin von Stuckrad-Barre sieht, was wir alle sehen. Er hat bloß schon immer genauer hingeschaut.”
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung)