LdM Favoritenliste Dezember 2023

 

Literatur des Monats – Ran ans Buch

„Literatur des Monats – ran ans Buch!“ Ist das nur eine weitere Bestsellerliste? Keineswegs. Der kommerzielle Erfolg ist für ein Buch zwar wichtig, jedoch ist er nur ein Faktor bei der Betrachtung und Beurteilung von Literatur. Von Büchern. Wir haben einen „ganzheitlicheren“ Ansatz und hieven also durchaus Bücher auf unsere Favoritenliste, die anderswo weniger Chancen haben. Zu unrecht.

Unsere Jury, zusammengesetzt aus den unbefangenen Gernleser:innen aus unserer Hörer:innenschaft und aus unseren versierten Literatur-Expert:innen, haben entschieden: Hier ist unsere Favoritenliste für den Monat Dezember 2023.

Ausgewählt nach Optik, Haptik, Klappentext, Satzspiegel, Illustrationen und Inhalt. In alphabetischer Ordnung. Wir präsentieren:

Viktor Gallandi - Kaspar
Viktor Gallandi (c) Linda Rosa Saal
(c) Linda Rosa Saal

Kaspar

 

Autor: Viktor Gallandi – Verlag: Karl Rauch

 

Eine wilde Reise durch das Herz einer schillernden Finsternis

Kaspar liegt in einem Zimmer und wird versorgt von einem Roboter, den er nur das Viech nennt. Als obdachloser Teenager, der allein im Wald schläft, wird er Praktikant der mysteriösen Firma AExego. In deren Auftrag begibt er sich auf eine abenteuerlich-groteske Odyssee, auf der Jagd nach dem abtrünnig gewordenen Filialleiter Darz, in einem alten Auto über eine Autobahn rasend, die nur eine Richtung kennt. Er trifft auf die letzte Gräfin, einen Totengräber mit einer unglücklichen Liebe zu seiner Katze, Fanatiker, die ihren Fanatismus vergessen haben, und ein Alien, das eine Gewerkschaft gründet.

»Hier ringt einer von Satz zu Satz mit seinem Gedächtnis, seiner Situation, seiner bunten […] Vergangenheit, und es ist hinreißend komisch.« Clemens J. Setz

»Was für ein Trip! Kaspar ist packende Roadnovel, düsterer Coming-of-Age-Roman und sprachphilosoßphische Meditation zugleich.« Karl Wolfgang Flender

»Kaspar klingt, als hätte Viktor Gallandi die Gesetze der Quantenmechanik in Literatur verwandelt: filigran, flackernd, grotesk, luzide, widersprüchlich – revolutionär.« Thomas Klupp

Sigrun Casper, Tanzen, Macht, Queer

Tanzen, Macht, Queer

Autorin: Sigrun Casper – Verlag: Konkursbuch Verlag

 

Das feine Distanzmittel Humor kann der Würde übrigens sehr nützlich sein.

Andrea Heinisch - Henriette lächelt
Andrea Heinisch (c) Aleksandar Zec
(c) Aleksandar Zec

Henriette lächelt

 

Autorin: Andrea Heinisch – Verlag: Picus

 

In Henriettes Herz blüht heimlich eine Margerite.

Am liebsten bleibt sie ja zu Hause, beobachtet das Leben durchs Fenster und den Bildschirm ihres Computers. Denn wegen ihrer Leibesfülle erlaubt sich Henriette das Leben nicht. Eines Tages aber ändert sich etwas …

Marlen Hobrack - Schrödingers Grrrl

Schrödingers Grrrl

 

Autorin: Marlen Hobrack – Verlag: Verbrecher

 

Mara Wolf – Schulabbrecherin, Anfang zwanzig, arbeitslos in Dresden. Ihren Alltag füllt sie mit Instagram, Dating und Online-Shopping.
In einer Bar lernt Mara den PR-Agenten Hanno kennen, der sie überredet, sich als Romanautorin auszugeben. Den Roman geschrieben hat ein alter weißer Mann, der genauso wie sein Lektor nicht glaubt, dass es sich unter seinem Namen verkauft. Die drei Männer schmieden einen Plan für einen großen literarischen Erfolg, auf den sich Mara einlässt.
„Schrödingers Grrrl“ ist ein zeitgenössischer Entwicklungsroman, eine Hochstaplerin-wider-Willen-Studie, eine Geschichte über eine junge Frau, die keinen Platz in der Gesellschaft findet, weil sie gar nicht erst daran glaubt, einen beanspruchen zu können. Doch da gibt es die drei Heldinnen – ihre Mutter, ihre beste Freundin Charis und ihre Sachbearbeiterin Frau Kramer in der Arbeitsagentur, die sie nicht im Stich lassen.

Nina Jäckle - Verschlungen
Nina Jäckle

Verschlungen

 

Autorin: Nina Jäckle – Verlag: KrönerEditionKlöpfer

 

Zwei Schwestern, zutiefst ineinander verwoben, gefangen in ihrer absoluten Symbiose, das Ausbrechen eine Unmöglichkeit, schon der Gedanke daran ein Verrat. Packend und ganz bei sich, zeichnet Nina Jäckle das Psychogramm einer Obsession. Wer am Ende wen verraten haben wird, wer wen dominiert, wo die eine endet und die andere beginnt: Fragen, denen die Autorin in virtuosen Volten und überraschenden Wendungen nachspürt.

“Nina Jäckle – oder was man mit Sprache alles anfangen kann!” Süddeutsche Zeitung

Corinna Kulenkamp - Aprikosenzeit, dunkel

Aprikosenzeit, dunkel

 

Autorin: Corinna Kulenkamp – Verlag: Orlanda

 

Corinna Kulenkamp erzählt einfühlsam und überzeugend von den Spannungen, die ein Leben mit unterschiedlichen Wurzeln in Deutschland mit sich bringt. Ihre Protagonistin Karine trifft nach dem Studium und privaten wie beruflichen Enttäuschungen eine ungewöhnliche Entscheidung: Sie nimmt einen Job bei einer kleinen NGO in Jerewan an und landet in einer ihr unbekannten Welt …

“Aprikosenzeit, dunkel” ist ein aufwühlender und berührender Roman über die Suche nach Identität und Selbstbestimmung. Er bietet darüber hinaus einen Zugang zur Geschichte der Armenier*innen mit aktueller Perspektive.

Christiane Landgrebe, Germaine de Stael
Christiane Landgrebe (c) Ari Großkopf
(c) Ari Großkopf

Germaine de Stael. Eine moderne Frau zur Zeit Napoleons

 

Autorin: Christiane Landgrebe – Verlag: edition karo

 

Madame de Stael sandte neue Impulse in Staat und Gesellschaft, die zur Entwicklung einer freiheitlichen Demokratie beigetragen haben und damit für alle Menschen bis heute relevant sind.

Im 18. Jahrhundert kann kaum eine Frau Einfluss in der Öffentlichkeit nehmen. So wirken sie im Hintergrund, zumeist in ihren Salons. Diese haben im 17. Jahrhundert adelige Frauen, die Salonnieren, ins Leben gerufen und so dafür gesorgt, dass wichtige Figuren aus Kultur und Gesellschaft ausführlich miteinander kommunizieren können. Oft stellen sich die Salonnieren in den Dienst der Karriere ihrer Männer. Als Frau selbst eine aktive Rolle zu spielen, ist fast unmöglich und wenn es dennoch geschieht, außergewöhnlich.

Nele Pollatschek - Kleine Probleme
Nele Pollatschek (c) Urban Zintel
(c) Urban Zintel

Kleine Probleme

 

Autorin: Nele Pollatschek – Verlag: Galiani Berlin

 

»Es war Freitag, der 31. Dezember, und ich musste noch was erledigen. Also alles.«

Ein tragikomischer Roman über unser Leben mit tausend unerledigten Dingen, die man später, also morgen, also eigentlich jetzt, noch schnell tun müsste. Über die Sehnsucht nach Sinn. Über die Leibe, den Tod und die Steuererklärung. Und darüber, wie unendlich schwer es ist, sich nicht einfach wieder aufs Sofa zu legen.

»Diese Autorin gehört, um das gleich mal zu sagen, zu den klügsten, die es hierzulande gibt.« DIE ZEIT

»Ein schreiend komischer, kluger und ungemein zärtlicher Roman.« radioeins

Tobias Schlegl - Strom
Tobias Schlegl (c) Thomas Leidig
(c) Thomas Leidig

Strom

 

Autor: Tobias Schlegl – Verlag: Piper

 

Nora ist wie vom Blitz getroffen. Sie steckt mitten in der Ausbildung zur Notfallsanitäterin, als sie bemerkt: Sie ist schwanger. All ihre Pläne lösen sich plötzlich in Luft auf. Um einer Entscheidung zu entkommen, wirft sie sich in das Praktikum auf der Demenzstation. Dort trifft sie Diddy, der alles gibt für seine eigenwilligen Patienten. Und sie begegnet Frank, einem verschlossenen Typen, der selbst mal Sanitäter war und im Notfall über sich hinauswächst. Notfälle hat es hier zuletzt auffällig viele gegeben. Bald erkennen Nora und Diddy, dass Frank für den Rausch des Rettens Leben aufs Spiel setzt …

„Ich habe lange kein Buch gelesen, das so ein Thema setzt. Die Frage nach dem Wert des Lebens sollte man viel öfter stellen.“ Peter Lohmeyer

„Tobias Schlegl erzählt mit unverstelltem Blick und zuneigendem Ton von Menschen, die am Abgrund stehen. Beeindruckend.“ Thilo Mischke

„Ich musste zwischendurch aufhören zu lesen, weil es mich emotional so gepackt hat.“ Franziska Böhler

Ofer Waldman - Singularkollektiv
Ofer Waldman (c) Gal Mosenson
(c) Gal Mosenson

Singularkollektiv. Erzählungen

 

Autor: Ofer Waldman – Verlag: Wallstein

 

Das könnt ihr euch nicht vorstellen. Den Rausch, die Angst, den Herzschlag, den Atem, das Gefühl, die Hitze. Mit diesen Worten taucht »Singularkollektiv« in eine Welt, die jenseits des Glamours liegt, der gewöhnlich mit klassischer Musik verbunden wird. Eine Welt unter der dünnen Schicht von Frack und Fliege, in der das Orchester einer weiten Steppe gleicht, einem bahnhofslosen Ort. Wo es nach Blech und Öl, Holz und Schweiß riecht. Aus dem dünnen Spalt zwischen der Einsamkeit des Übungsraums und der Anonymität der Orchesterreihen, zwischen Musikbeamtentum und brotloser Kunst, dringen Fantasien, Beobachtungen, gesellschaftliche Aphorismen nach außen. Die Geigerin, die so tut, als ob sie spielt und ihre stille Kunst feiert, der abgelehnte Posaunist, der um die Gunst eines neuen Generalmusikdirektors bangt. Der schlechte Cellist, der an seinem Cello wie ein Schiffbrüchiger hängt, der verspätete Geiger, auf den nicht gewartet wird. Die Scheinrealität einer Generalprobe. Die ungewöhnlichen Instrumente, die es in den Orchesterkanon nicht geschafft haben. Figuren und Momente, die der Orchesterwelt entstammen, aus dieser gleichzeitig herausragen als menschliche, gesellschaftliche Kommentare.