LdM Favoritenliste Januar 2024

 

Literatur des Monats – Ran ans Buch

„Literatur des Monats – ran ans Buch!“ Ist das nur eine weitere Bestsellerliste? Keineswegs. Der kommerzielle Erfolg ist für ein Buch zwar wichtig, jedoch ist er nur ein Faktor bei der Betrachtung und Beurteilung von Literatur. Von Büchern. Wir haben einen „ganzheitlicheren“ Ansatz und hieven also durchaus Bücher auf unsere Favoritenliste, die anderswo weniger Chancen haben. Zu unrecht.

Unsere Jury, zusammengesetzt aus den unbefangenen Gernleser:innen aus unserer Hörer:innenschaft und aus unseren versierten Literatur-Expert:innen, haben entschieden: Hier ist unsere Favoritenliste für den Monat Januar 2024.

Ausgewählt nach Optik, Haptik, Klappentext, Satzspiegel, Illustrationen und Inhalt. In alphabetischer Ordnung. Wir präsentieren:

Bov Bjerg, Der Vorweiner
Bov Bjerg (c) Gerald von Foris
(c) Gerald von Foris

Der Vorweiner

Autor: Bov Bjerg – Verlag: Claassen

Es gab eine Zeit, da weinten die Menschen um ihre Angehörigen. heute trauert nur, wer sich nichts Besseres leisten kann. Bov Bjergs neuer Roman führt in das Herz der perfektionierten Dienstleistungsgesellschaft von übermorgen. Nichts daran war zuvor jemals so zu lesen.

“Die hohe Kunst der Verknappung beherrschen nur wenige Schriftsteller. Bov Bjerg weiß sie auf die Spitze zu treiben.” Jan Wiele, FAZ

Jan Peter Bremer, Nach Hause kommen
Jan Peter Bremer (c) Andreas Hornoff
(c) Andreas Hornoff

Nach Hause kommen

 

Autor: Jan Peter Bremer – Verlag: Berlin Verlag

 

Sechs Jahre alt ist der Erzähler, als ihn seine Eltern aus dem wilden Berlin der 1970er-Jahre ins dörfliche Gümse des niedersächsischen Wendlands verpflanzen. Nicht nur ist sein imposanter Vater ein erfolgreicher Künstler, auch wird ihr Zuhause ein regelmäßiger Treffpunkt für die Kunst- und Kulturszene der alten Bundesrepublik. Mit dem intellektuellen, politisch links stehenden Milieu der Eltern und dem ländlich-provinziellen Leben des Dorfes im „Zonenrandgebiet“ prallen Welten aufeinander, zwischen denen der Junge Orientierung sucht – und schließlich im Schreiben findet.

In einer großen Erinnerungsbewegung schildert Jan Peter Bremer eine Kindheit auf dem Land, seine literarisch meisterhaft erzählte, tragikomisch-berührende Geschichte.

Ilona Jerger, Lorenz
Ilona Jerger (Marcus Gruber)
(c) Marcus Gruber

Lorenz

Autorin: Ilona Jerger – Verlag: Piper

Ein Forscherleben als Spiegel des 20. Jahrhunderts

Die Geschichte eines Mannes zwischen Tieren, Familie und Ideologien: Konrad Lorenz hat sich große Verdienste in der Verhaltensforschung erworben und große Widersprüche wegen seiner biologistischen Auffassungen ausgelöst. Ilona Jerger lässt eine junge Biologin sein Leben und Wirken erzählen, mit allen Ambivalenzen zwischen Tierliebe, Naturschutz und Erblehre.

Spannungsvoll, anrührend und lehrreich – ein fesselnder Roman!

„Ilona Jerger bewältigt nicht nur viel Ideengeschichte der beiden großen Denker des 19. Jahrhunderts, ihr Roman ist nebenbei auch kühn und souverän geschrieben – und gut zu lesen.
NDR Kulturüber den Bestseller „Und Marx stand still in Darwins Garten“

Julia Kröhn, Papierkinder
Julia Kröhn (c) Sarah Kastner
(c) David Visnjic

Papierkinder

Autorin: Julia Kröhn – Verlag: Blanvalet

Als die Zeit der Kinder kam … Ein mitreißender Roman mit aktueller Brisanz, den man nie mehr vergisst.

Berlin 1874: Im Armenhaus von Steglitz retten zwei Mädchen einen vernachlässigten Säugling vor dem Hungertod. Obwohl sie in einer harten, mitleidslosen Welt aufwachsen, eint sie die feste Überzeugung, dass jedes Kind wertvoll ist. Es ist der Beginn einer tiefen Freundschaft – und zugleich einer Bewegung, die unermüdlich Verständnis und Liebe, Respekt und Schutz für Kinder einfordert. Mutige, tatkräftige Frauen schließen sich ihr an. Und sie alle sind erst am Ziel, als 1924 in der Schweiz ein ganz besonderes Papier unterzeichnet wird: die erste Kinderrechtserklärung.

Der Sozialistin Emma Döltz, der Montessori-Lehrerin Clara Grunwald und der Wohltäterin Eglantyne Jebb ist es zu verdanken, dass 1924 die »Genfer Erklärung« verabschiedet wurde – die Grundlage für die UN-Kinderrechtskonvention von 1989. Dies ist der Roman, der ihr Wirken mit einer packenden Familiengeschichte verwebt.

Andreas Lehmann, Lebenszeichen
Andreas Lehmann (c) Christopher Utpadel
(c) Christopher Utpadel

Lebenszeichen

 

Autor: Andreas Lehmann – Verlag: Karl Rauch

Eine junge Frau entdeckt ihren eigenen Namen auf einem Grabstein in ihrem Heimatdorf – und flieht sowohl vor ihrer Herkunft als auch vor der unvermeidlichen Zukunft.

Ein frustrierter Angestellter leidet unter der Optimismuspropaganda seines Chefs, der sich plötzlich als verbitterter Trinker erweist – und bewahrt dessen schmutziges Geheimnis.

In bestechend klarer Sprache erzählt Andreas Lehmann feinsinnig und packend von Seins- und Selbstvergewisserungen, von stillen Dramen in unserem Alltag.

“Auf die Erzählkunst dieses Autors können wir vertrauen.”
Michael Braun in der Laudatio zum Robert-Gernhardt-Preis 2022

RWC, Das Dunkle zwischen uns

Das Dunkle zwischen uns

Autorinnen: Jasmin Mrugowski, Nadine Opitz, Sarah Jahed – Verlag: Rising Writers Club

Das Böse schläft nie und zieht aus dem Verborgenen die Strippen seiner Marionetten, während wir ahnungslos in das Land der Träume gleiten.

Begleitet Agathe, Micha & Vincent – nur um ein paar der armen Seelen zu nennen, die in den siebzehn Geschichten dieser Anthologie bis an die Grenzen des Erträglichen getrieben werden.

Fühlt ihre Verzweiflung, versinkt in ihren Gedanken, entdeckt Monster oder unscheinbare Mörder. Die Geschichten bedienen sich allem, was die verschiedenen Genres der Angst zu bieten haben.

Andreas Neeser, Nachts wird mir wetter
Andreas Neeser (c) Ayse Yavas
(c) Ayse Yavas

Nachts wird mir wetter

Autor: Andreas Neeser – Verlag: Haymon

 

Erstaunlich, noch immer, wie sehr es mich trifft, mir so plump zu begegnen, so unverhofft, dem, der ich auch bin. Ein Blick aus der Fremde aufs eigene Haus – aber du bist die Zimmer, schon immer.

Eine lyrische Umkreisung des Endlichen, eine Annäherung an den Kern unseres Daseins: Andreas Neeser erfasst das Leben in Tönen, Gerüchen und Geschmäckern, in Formen, Linien, in Kreuchen und Fleuchen.

Helga Schubert, Der heutige Tag
Helga Schubert (c) Isolde Ohlbaum
(c) Isolde Ohlbaum

Der heutige Tag. Ein Stundenbuch der Liebe

Autorin: Helga Schubert – Verlag: dtv

“Vielleicht ist einer von uns morgen schon nicht mehr da.”

Über fünfzig Jahre lang teilen sie ihr Leben. Doch nun ist der Mann schwer krank. Lange schon wird er palliativ umsorgt; und so wird der Radius des Paares immer eingeschränkter, der Besuch seltener, die Abhängigkeit voneinander größer.
Kraftvoll und poetisch erzählt Helga Schubert davon, wie man in solchen Umständen selbst den Verstand und der andere die Würde behält.

»Helga Schubert erzählt davon, wie man Frieden machen kann mit diesem Leben. Sie zeigt, wie man Lebensgeschichte in Literatur verwandeln kann.«
Insa Wilke

»Ich war so berührt, dass ich dachte, man müsste eine neue literarische Skala eröffnen: den Schubert-Moment.«
Katrin Schumacher

Sabine schumann, Kotze, Angst und Swinger-Club
Sabine Schumann

Kotze, Angst und Swinger-Club

Autorin: Sabine Schumann – Verlag: tredition

Die Liebe nickt. Sie weiß, der nächste Sturm wird kommen. Im Außen und im Innen. Sie bliebt. Und schützt und wärmt. Von Innen. Weich und friedlich füllt sie mich aus. Für immer. Auf ewig. Unendlich. Bei mir selbst zu Haus.

Ich sehne mich nach der Liebe. Jedoch wohnt die Liebe im Kaktus. Jedes Mal, wenn ich mit ihr in Berührung komme, trage ich Verletzungen davon. Gibt es die Liebe vielleicht gar nicht wirklich und die Geschichten über sie sind Fake News? Wie fühlt sich echte Liebe eigentlich an? Auf einer packenden Abenteuer-Reise zu mir selbst suche ich sie an ungewöhnlichen Orten. Ich durchlebe krasse Abgründe, überwinde Ängste, finde Freiheit und Glück. Wie fühlt es sich eigentlich an, geliebt zu werden? Mein Buch erzählt vom Scheitern und vielem anderen, worüber wir Menschen eigentlich lieber nur im Geheimen nachdenken. Es ist ein schonungslos offenes, direktes und authentisches Buch.

In ihm gibt es krasse Scheiße. Doch jedes Wort ist wahr und passiert. Außer das Malheur mit der Klopapierrolle beim Sterben. Wenn Du die Liebe suchst, solltest Du es lesen. Denn wenn Du die wahre Liebe findest, wirst Du heil sein. Und psychisch gesund. Egal welcher Kaktus mit Dir im Bett liegt.

Johanna Sebauer, Nincshof
Johanna Sebauer (c) Birte Filmer
(c) Birte Filmer

Nincshof

Autorin: Johanna Sebauer – Verlag: Dumont

Im Vergessenwerden liegt die Freiheit 

Nincshof, ein kleines Dorf an der österreichisch-ungarischen Grenze, soll vergessen werden. So der Plan dreier Männer, die sich die Oblivisten nennen und raus wollen aus der hektischen Zeit. Wenn niemand mehr von ihnen weiß, können sie und das ganze Dorf in Freiheit und Ruhe leben. Laut Legende ist das in Nincshof schon einmal so gewesen. Ausgerechnet die alte Erna Rohdiebl soll dabei helfen, dass dieses Vorhaben gelingt, denn die drei Männer glauben, dass die alte Frau die Freiheit im Blut hat und daher genau die Richtige für ihre Bewegung ist. Erna Rohdiebl wiederum hat in ihrem langen Leben selten Dümmeres als die Idee zu verschwinden gehört, aber ihre Neugierde siegt. Abend für Abend poltern die Oblivisten an ihre Eckbank und plotten bei Speckbroten und Pusztafeigenschnaps ihr Verschwinden. Alles scheint nach Plan zu verlaufen. Wenn da nicht die Neuen aus der Stadt wären …

In einer Zeit, in der jeder nach größtmöglicher Aufmerksamkeit giert, hat Johanna Sebauer einen höchst amüsanten Roman darüber geschrieben, welch große Freiheit im Nicht-bemerkt-Werden liegt.